Einen Jugendclub gründen

Jugendclub gründen selbstorganisiert

Ihr habt sicher mitbekommen dass Justin und seine Freundinnen und Freunde in Zechin einen Jugendclub eröffnen wollen. Das ist aber gar nicht so einfach wie man denkt. Daher habe ich für euch ein paar Informationen, Tipps und Argumente zusammengesucht, falls ihr Ähnliches vorhaben solltet..

Welche Formen von Jugendclubs gibt es überhaupt?

Wenn von einem Jugendclub geredet wird denken viele an eine öffentliche Jugendfreizeiteinrichtung der Gemeinde die von Sozialarbeiter_Innen betreut und von der Behörde verwaltet wird. Darunter fallen aber eher Jugendtreffs oder offene Jugendräume. Ein klassischer Jugendclub ist meist selbstorganisiert. In den wilden 70er und 80er Jahren sind autonome Jugendclubs durch Besetzung von Räumlichkeiten entstanden. Die beiden bekanntesten darunter sind das Tommyhaus und das Rauchhaus in Berlin. Heutzutage geht es ein bisschen ruhiger zu: Häufig gründen Jugendliche einen Verein und machen dann einen Nutzungsvertrag mit der Gemeinde über einen bestimmten Ort oder Raum. Das ist mit etwas mehr Aufwand verbunden, bringt aber auch Sicherheiten.

Darum ist ein selbstorganisierter Jugendclub eine super Sache!

Von einem Jugendclub profitiert das gesamte Dorf bzw. die gesamte Gemeinde! Jugendliche lernen hier Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zu organisieren. Sie werden mit anderen Worten hier Erwachsen und lernen mit Konflikten und Herausforderungen umzugehen. Dazu gehört auch die Verwaltung und das Erarbeiten von Regeln. Außerdem schafft es Begegnungen und belebt das Dorfleben. Für ländliche Gegenden ist ein selbst organisierter Jugendclub besonders gut geeignet, weil er mit weniger finanziellem Aufwand verbunden ist, als die Eröffnung einer kommunalen Jugendfreizeiteinrichtung.

Jugend braucht Lobby

Als Jugendliche seid ihr in den ländlichen Gemeinden leider meist in der Unterzahl. Deshalb müsst ihr euch eine Lobby suchen – also jemanden der euch unterstützt und sich für euch und eure Interessen stark macht! In Brandenburg gibt es in den Gemeinden Kinder- und Jugendbeauftragte. Diese sind eine gute erste Anlaufstelle. Aber auch Bürgermeister, Ortsvorsteher, Vereinsvorstände, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Eltern oder Gemeindevertreter kommen in Frage. Ihr könnt auch Soziale Medien wie Instagram oder Facebook nutzen bzw. wie in Justins Fall die Presse um auf euer Anliegen aufmerksam zu machen und sanften Druck aufzubauen (hier wären das die MOZ oder der RBB) !

Rechtlicher Anspruch

Kinder und Jugendliche haben einen rechtlichen Anspruch sich im Dorf- und Gemeindeleben beteiligen und einbringen zu dürfen! Da sie noch nicht volljährig und damit nur beschränkt geschäftsfähig sind, sind Erwachsene verpflichtet sie zu fördern. Hier ein paar Paragraphen die das untermauern:

  • §11 SGB VIII Jugendarbeit (1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.
  • §12 SGB VIII Förderung der Jugendverbände (1) Die eigenverantwortliche Tätigkeit der Jugendverbände und Jugendgruppen ist unter Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenlebens nach Maßgabe des § 74 zu fördern.
  • §74 SGB VIII Förderung der freien Jugendhilfe (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die freiwillige Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe anregen; sie sollen sie fördern, wenn der jeweilige Träger… (4) eine angemessene Eigenleistung erbringt…
  • §18a BbgKVerf Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen (1) Die Gemeinde sichert Kindern und Jugendlichen in allen sie berührenden Gemeindeangelegenheiten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte.

Um einen Verein zu gründen und eure Interessen zu bündeln helfen euch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Vereinsrecht:

  • Im Alter von 7 bis 18 Jahren seid ihr beschränkt geschäftsfähig und dürft einen Verein gründen (BGB § 106).
  • Durch den Taschengeldparagraph dürft ihr sogar rechtliche Verpflichtungen eingehen und Einkäufe tätigen (BGB §110).
  • Für größere „Geschäfte“ die über eurer Taschengeld hinausgehen braucht ihr die Einwilligung eurer Sorgeberechtigten (das sind meist eure Eltern).
  • Für Vorstandstätigkeiten

Gut versichert

Ein selbstorganisierter Jugendclub bringt natürlich auch einige Gefahren mit sich. Grundsätzlich muss ja nichts passieren, aber wenn etwas passiert und jemand zu Schaden kommt, stellt sich oft die Frage nach der Verantwortung. Und gerade dies ist für Personen oder Behörden die den Raum zur Verfügung gestellt haben nicht unerheblich. Denn es gibt leider auch ein paar schreckliche Ereignisse die sich in selbstorganisierten Jugendclubs ereignet haben. So sind beispielsweise Jugendliche durch eine Rauchgasvergiftung zu Tode gekommen, weil sie den Heizofen falsch bedient haben. Ein Kind zu verlieren müssen unfassbare Schmerzen sein und natürlich fragt man sich dann, wie das vielleicht hätte verhindert werden können.
In diesem Falle ist es wichtig, dass alles nötige getan wurde um solche Gefahren abzuwehren. Hier versichert man sich am besten selbst, in dem solche Unterweisungen und Regeln schriftlich festgehalten und dokumentiert werden. Darüber hinaus ist vielleicht eine Haftpflichtversicherung, Gebäudeversicherung und Unfallversicherung sinnvoll. Für Privatpersonen die einen Raum zur Verfügung stellen eventuell sogar eine Rechtschutzversicherung.
Der Regionalverbund Jugendbüro hat zu diesem Zweck eine Rahmenrichtlinie entworfen, bei dem Jugendliche als Initiative oder Verein zusammentun und dann mit der Gemeinde einen Rahmenvertrag ausmachen. Auch das wäre eine Möglichkeit um eine Versicherung einzugehen und Haftungsfragen zu erörtern!

Ich wünsche euch viel Erfolg und stehe euch bei Fragen gerne zur Verfügung!
Selbstverständlich nehme ich auch gerne Anregungen und andere Ideen in diesen Beitrag auf!

Weitere Informationen